Monday, April 14, 2014

transFAIRmation vs. YouTube. Oder: Warum wir uns dann doch für eine andere Video-Plattform entschieden

Während die Remix-Videos von den am Projekt beteiligten Schüler*innen noch darauf warten, im Rahmen des Informatik-Unterrichts ins Netz gestellt zu werden, wollten wir die Videos, die die Besucher*innen unserer Station bei der Langen Nacht der Forschung in Klagenfurt gestaltet haben, zeitnah zu dieser Veranstaltung veröffentlichen. Bereits beim ersten Upload auf unseren YouTube-Kanal zeigte sich jedoch ein grundlegendes Problem, mit dem wir rechnen mussten, allerdings nicht darauf vorbereitet waren, dass wir so abrupt damit konfrontiert sein würden.
Die Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material ist bekannterweise ein juristisches Minenfeld und aus einem Gespräch mit einem* Experten* für Medienrecht wissen wir, dass es im Bereich der Bildung und Forschung noch Argumentationsmöglichkeiten gibt, die eine derartige Verwendung rechtfertigen könnten, aber abseits davon muss damit gerechnet werden, dass bei Urheberrechtsverletzungen mit der Sperre von Veröffentlichtem bis zu Geltendmachung von Entschädigungszahlungen von Seiten der Rechtsinhaber*innen zu rechnen ist. Das gilt auch für Remix-Videos, wie der gut dokumentierte Fall von Jonathan McIntosh zeigt.

Zurück zu unserem Fall: Bereits Sekunden nachdem der erste Remix von der Langen Nacht der Forschung in unseren YouTube-Kanal als nicht gelistetes Video geladen war (das heißt, das Video kann außer über seinen Link nicht gefunden werden, was die Öffentlichkeit des Videos bereits einschränkt), erhielten wir die Information, dass das Video urheberrechtlich geschütztes Material beinhalte - konkret hat die eingesetzte Software ein Element aus "The Simpsons" identifiziert. Zudem wurden wir darüber aufgeklärt, dass das Video weltweit gesperrt sei und, was uns letztlich zur Aufgabe unseres YouTube-Kanals zwang, dass wir bei drei derartigen Vorfällen von YouTube gesperrt werden und nie wieder einen Kanal erstellen dürften.

Weitere Recherche ergab, dass wir wohl Einspruch gegen die Sperre eines Videos erheben könnten - etwa wenn es sich um einen Remix im Sinne von Fair Use handle (interessanterweise scheint hier ein Video von Jonathan McIntosh auf, der, wie zuvor schon angemerkt, selbst um die legitime Veröffentlichung seiner Arbeit kämpft), diesbezüglich müssten wir uns aber ganz sicher sein (was ist schon sicher?) und wir müssten uns auf einen längerdauernden Prozess einlassen - Ausgang unbekannt. Da wir uns wesentlich öfter als drei Mal auf ein derartiges Prozedere einlassen müssten bzw. unser Kanal gesperrt wäre noch bevor wir alle Videos hochgeladen hätten, haben wir uns dazu entschieden, den Kanal wieder zu löschen und bei einer anderen Plattform auf eine weniger rigorose Verfolgung potentieller Urheberrechtsverletzungen zu hoffen. Wir haben uns nun für Vimeo entschlossen und hoffen, nachdem die ersten zehn Remix-Videos schon online sind und wir noch keine Verwarnungen erhalten haben, dass wir dort zumindest für eine Weile unbehelligt sein können und vor allem dann die wirklich gelungenen Videos unserer Schüler*innen zeigen können.

transFAIRmation in Istanbul und bei Lange Nacht der Forschung 2014 in Klagenfurt

Am 4. April 2014 erfuhr das Projekt transFAIRmation gleich zwei Premieren: Erstens wurde es erstmals vor internationalem Publikum, nämlich bei der EDUCON in Istanbul, von Thomas Berger präsentiert und zweitens wurde es im Rahmen der Langen Nacht der Forschung zum ersten Mal in seiner Gesamtheit einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Gemeinsam mit Projektleiterin Birgit Hofstätter und Klassenlehrer Gregor Münch zeigten die beiden Schüler*innen Celina Koch und Cody Sheets den Besucher*innen des Stands die Grundlagen der Remix-Idee. Die Station war sehr gut besucht, die beiden Jugendlichen bemühten sich um eine geduldige Anleitung zum eigenen Remix, obwohl sich mehrfach bereits weitere Interessent*innen anstellten, um sich selbst an einem Video zu versuchen.
Das Interesse war auch vonseiten der Eltern sehr groß - am Stand wurden nicht nur Fragen zum Projekt sondern auch allgemein zur 'richtigen' Medienerziehung diskutiert. Ein Fazit bleibt nach wie vor, dass kritische Medienrezeption weiterhin bzw. verstärkt ein dringendes Anliegen von Schulen sein sollte, da Kinder und Jugendliche trotz "Kindersperre" bei Internet und eingeschränktem Zugang zu Medien Inhalte konsumieren, die zum einen nicht altersgemäß sind und andererseits problematische Vorbilder vor allem hinsichtlich Geschlechterrollen und Sexualität (bzw. Sexualität in Verbindung mit Gewalt) vermitteln. Nachdem dies nicht zu verhindern scheint, bleibt nur die sprichwörtliche "Flucht nach vorne" und die (nicht nur) schulische Förderung von Bewusstsein für die Wirkmächtigkeit von medialen Bildern auf die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen und ihr begegnen.